Blick aus der Zukunft

Pflanzenkohleherstellung aus Knickholz

Bei diesem Stand gab es was auf die Pfoten, nämlich schwarze Holzkohle. Es war überraschend, wie luftig-leicht sie war. Eine starke Standlupe offenbarte ihre innere Struktur: Millionen von kleinsten Hohlräumen, die einst Pflanzenzellen gewesen waren. Das Stück Kohle bestand hauptsächlich aus Luft und natürlich Kohlenstoff.
„Was machen Sie mit dieser Kohle?“ wollte Torsten von dem Mann wissen.
„Die Kohle wird zu einem Granulat zerkleinert und als Zuschlag für die Komposttoiletten verwendet. Sie bindet üble Gerüche und fördert den Ionenaustausch durch enorme Adsorptionsflächen.“
„Äh - was für Flächen?“
„Adsorptionsflächen. Wegen der Hohlräume hat Pflanzenkohle eine enorme innere Oberfläche. Ein Gramm Kohle kann 1000 – 2000 m² Oberfläche innerlich besitzen. Und das sind die Stellen, an denen bodenchemische Prozesse stattfinden, das ist mit Aktivkohle vergleichbar.“
„Ah, die kenne ich aus der Hausapotheke bei Verdauungsproblemen. Na, da ist die Komposttoilette ja nicht weit.“ Torsten lachte über seine spontane Gedankenverbindung.
„Und es geht weiter mit der Verdauung. Denn Kompostierungsvorgänge lassen sich durchaus mit Verdauungsvorgängen vergleichen. Myriaden von Bodentieren, Pilzen und Bakterien wandeln die Stoffe um und machen sie den Pflanzen erneut verfügbar und bauen eine günstige und stabile Bodenstruktur auf, die sogenannte Lebendverbauung. Und das Besondere daran: die Kohle vermittelt zwar dieses Geschehen, bleibt selbst aber unverändert über Hunderte oder gar Tausende von Jahren.“
Torsten wurde neugierig. „Ich wohne ja erst seit kurzem in Grebin. Bei mir im Haus ist auch so eine Toilette. Wie funktioniert das denn nun genau?“
„In einer Zusammenarbeit mit der rekommunalisierten Abwasserentsorgung holen wir regelmäßig die vollen Behälter der Haushalte ab und bereiten die Feststoffe auf einem speziellen Gelände auf. Der fertige Kompost wird zur Bodenverbesserung in der Landwirtschaft eingearbeitet. Bei diesen Abholungen bekommen Sie dann auch neue Pflanzenkohle für die Einstreu in der Toilette.“
„Ja, das haben wir auch so gemacht. Mich hat gewundert, dass die Geruchsbelästigung normal ist.“
„Sehen Sie, die Kohle! Sie achten doch darauf, die Toilette niemals zur Entsorgung von Chemikalien zu verwenden?! Da haben wir nämlich noch ein ungelöstes Problem.“ 
„Da brauchen Sie ja ganz schön viel Kohle. Wo kommt die Kohle eigentlich her?“
„Die Kohle wird aus dem Schnittabfall der Knicks gewonnen. Sie wissen, dass alle 10-12 Jahre die Knicks herunter geschnitten werden. Wir haben ein Gemeinschaftsunternehmen gegründet, das in mehreren angrenzenden Gemeinden aktiv ist und die Schnittarbeiten und Abtransport übernimmt. In Lebrade gibt es eine Fernwärmeversorgung. Deshalb ist unsere Pyrolyseanlage dort aufgebaut. Die bei der Verkohlung frei werdende Energie wird direkt eingespeist. Die Holzkohle bleibt übrig und wird gelagert oder zurückgeliefert. Sie sehen die Anlage hier auf dem Poster hinter mir.“
„Und weshalb wird dieser ganze Aufwand betrieben?“
„So groß ist der Aufwand gar nicht, man sieht ihn allerdings besser, denn woanders ist er nur versteckt. Die Vorteile sind jedoch schlagend:
    • Pflanzenkohle erfüllt eine wichtige Funktion in der Bodengesundheit und steigert die Fruchtbarkeit.
    • Pflanzenkohle speichert Kohlenstoff dauerhaft im Boden und ist damit ein wichtiges Mittel im Kampf gegen die Klimakrise.
    • Die Abwasserentsorgung wandelt sich von einem Problem zu einem Potential.
    • Wir nutzen eigene Ressourcen.
„Vielen Dank für die interessanten Informationen!“ sagte Torsten nachdenklich zum Abschied.

weiterlesen: Internet-Redaktion