Teil 2: Handlungsmöglichkeiten

Vorgeschichte

Die Klimakrise wird seit Jahrzehnten diskutiert. Sie beschäftigt die Öffentlichkeit, Medien, Wirtschaft und Politik. Nichtsdestotrotz steigt der CO2-Gehalt der Atmosphäre auf immer neue Rekorde. Die Wahrscheinlichkeit, das 2°-Ziel einzuhalten, wird immer geringer. 1,5° sind vermutlich nicht mehr realistisch. Das vergangene Jahr 2020 war europaweit das wärmste seit Beginn der Klimaaufzeichnungen. Das gleiche gilt für das gesamte vergangene Jahrzehnt.
Parallel zur Klimakrise erleben wir einen dramatischen Einbruch der Biodiversität. Manche Wissenschaftler sind der Ansicht, dieses Problem sei noch gravierender als die Klimaerhitzung, weil  möglicherweise ganze Ökosysteme zusammenbrechen könnten.
Es handelt sich jedoch nicht um zwei verschiedene Problemfelder, sondern um eine Superkrise, deren Teilprobleme sich zwar auf verschiedenen Gebieten äußern, jedoch alle in einem inneren Zusammenhang stehen. Dazu gehören neben den „Umweltthemen“ Klima und Biodiversität auch Wirtschafts- und soziale Themen wie Landwirtschaft, wachsende Ungleichheit oder Migration.
Besonders aber gehören „Innenweltthemen“ dazu, die meist nicht wahrgenommen und diskutiert werden. Unsere Sicht auf die Welt, Menschen und Lebewesen, unsere Kultur, Wertsetzungen, Begriffe oder Sprache bildet die Grundlage für den Umgang mit der Welt und seinen Bewohnern. Wer die Welt quasi als Steinbruch betrachtet, den es auszubeuten gilt, wird die Welt auch so behandeln (und sich dabei im Recht fühlen). Da hilft es auch nichts, wenn die Bulldozer und Bagger mit Strom aus „erneuerbaren“ Energien betrieben werden.
Das gilt im Wesentlichen für uns alle Angehörigen der „westlichen Kultur“. Nur benutzen wir schönere Ausdrücke. Wir sprechen lieber von Ressourcen als vom Steinbruch und von Wohlstand statt von Ausbeutung. Inhaltlich ändert das aber nichts.
Seit 1972 der Bericht "Grenzen des Wachstums" erschien und damit die gesellschaftliche Debatte zu Umweltthemen richtig in Gang setzte, gab es 15 (in Worten: fünfzehn) Bundesregierungen, die diese Superkrise de facto ignoriert haben. Wirtschaft war wichtiger. Damals hätten noch vergleichsweise leichte Weichenstellungen ausgereicht. 
Heute dagegen müssen wir in kurzer Zeit eine vielfache Last stemmen: 
    1. die Treibhausgas-Emissionen drastisch reduzieren und/oder neutralisieren
    2. die gewohnten, aber zerstörerischen Praktiken unterlassen oder ersetzen
    3. Anpassungsstrategien für die bereits eingetretenen bzw. nicht mehr vermeidbaren Folgen entwickeln
Vor zwei Jahren  - angesichts des sehr trockenen Sommers und dem Menetekel von Kapstadt - hieß die offizielle Verlautbarung "Deutschland hat genug Wasser!" In 2020 musste die erste deutsche Gemeinde zeitweilig per LKW mit Trinkwasser versorgt werden. In nicht einmal zwei Jahren hat uns die Realität also überholt in einem so existenziellen Aspekt wie Wasser.
Im Bundesumweltministerium wird inzwischen an einer Gesetzesvorlage gearbeitet, die künftige Konflikte um das knappe Wasser regeln soll.

Die Entwicklung dieser Superkrise ist schon längst außer Kontrolle geraten. Sie vollzieht sich rasend schnell. Was sich sonst in geologischen Zeiträumen vollzieht (z.B. das Schmelzen des "ewigen Eises", das Austrocknen großer Seen), passiert nun im Laufe eines Menschenlebens. Es scheint, dass erstmals erdgeschichtliche Prozesse schneller ablaufen als gesellschaftliche.


weiterlesen: die große Beschleunigung