Teil 2: Handlungsmöglichkeiten

Biodiversität: globale Situation

Vor Beginn der sog. „Landwirtschaftlichen Revolution“ gab es noch keine „Nutztiere“ und weltweit  nur wenige Millionen Menschen. Die Erde gehörte den Wildpflanzen und Wildtieren. Der Mensch spielte kaum eine Rolle. Annähernd 100% der tierischen Biomasse wurde durch die Wildtiere gestellt.
Mit Einsetzen der Domestizierung von Pflanzen und Tieren reservierten sich die Menschen einen stetig wachsenden Anteil. Eine extreme Beschleunigung erfolgte seit Mitte des 20. Jh.: die „Bevölkerungsexplosion“ wurde begleitet von einer Explosion der Nutztiere und -pflanzen.
Der Mensch gehört inzwischen zu den Tierarten mit der höchsten Individuenzahl.
Die Biomasse aller landbewohnenden Wirbeltiere geht im Jahr 2018 zu 97% auf das Konto von Menschen und „Nutztieren“ wie Rindern, Schweinen oder Hühnern. Nur noch 3% dagegen werden durch Wildtiere gestellt – also Säugetiere, Amphibien, Reptilien und Vögel. Die Biodiversität hat sich dramatisch verschoben!

Das ist ungeheuerlich!


diverse Quellen (abgerufen 27.11.2020):
https://umwelt-fragen.de/der-mensch-stellt-den-grossteil-der-biomasse-auf-der-erde/
https://wildbeimwild.com/wildtiere/biomasse-der-wildtiere/2076/2020/06/30/
https://eatingourfuture.wordpress.com/sixth-mass-extinction-loss-of-biodiversity-anthropocene-holocene-crisis-facts/
https://wildbeimwild.com/wp-content/uploads/2015/08/eating-our-future_english_tcm46-28198.pdf
https://www.theguardian.com/environment/2018/may/21/human-race-just-001-of-all-life-but-has-destroyed-over-80-of-wild-mammals-study

Machen Sie sich klar: Der Wildtieranteil ist von 100% auf 3% zurückgegangen. 
Vor allem die Großfauna hat stark gelitten: Ob Bisons oder Wapitis in Nordamerika, Bären aller Kontinente, speziell Eisbär der Arktis, Wisente, Wölfe, Steinböcke, Wildpferde, Tiger, Löwen, Elefanten, Nashörner, die unermesslichen Herden Afrikas und viele weitere Arten – allesamt stark dezimiert bis vom Aussterben bedroht.
Wenn der Wildtieranteil auch noch um diese letzten 3% sinkt – dann haben wir keine wildlebenden Wirbeltiere mehr!

In der folgenden Karte wird dieser Sachverhalt von Biomasse in Fläche übersetzt und auf Grebin bezogen. Bei dieser schematischen Betrachtung gäbe es in den blauen und roten Flächen keine einzige Amsel, kein Reh, keine Mäuse mehr.
Die anteilige Gleichsetzung von Biomasse und Fläche ist methodisch nicht ganz sauber. 
So könnte rein theoretisch der absolute Bestand an Wildtieren konstant geblieben sein und eine dreißigfach größere (!) tierische Biomasse zusätzlich entstanden sein. Das ist jedoch unrealistisch. 
Alle Tiere brauchen Futter und Lebensraum, und genau der wird den Wildtieren durch die Konkurrenz genommen. Die Menschen haben die Wildtiere verdrängt. Futter und Lebensraum erfordern Fläche. Und deshalb ist die Übersetzung von Biomasse in Fläche zur Veranschaulichung gut geeignet.
Sie leistet darüber hinaus auch eine Erweiterung des Befundes: Nicht nur Wildtiere, sondern auch Pflanzen, Landschaften, Ökosysteme und Lebensräume wurden in einem vergleichbaren Ausmaß dezimiert, degradiert oder zerstört.

Nutztiere werden zum größten Teil nach gewisser Zeit geschlachtet/getötet. Die Lebensdauer von Pferden ist mit rund 20 Jahren deutlich länger als die von Rindern (2-5 Jahre) oder Mastschweinen (½ Jahr). Masthähnchen leben manchmal nur 30 Tage.
Wird eine durchschnittliche Lebensdauer von 4 Jahren angenommen, so werden also 65% der Wirbeltier-Biomasse der gesamten Welt alle vier Jahre vernichtet und mit viel Kraftfutter wieder aufgebaut.
Eine ähnliche Feststellung trifft der Living Planet Report, der vom WWF alle zwei Jahre aktualisiert wird. Demnach haben die Wirbeltierbestände in den 46 Jahren zwischen 1970 und 2016 durchschnittlich um 68% abgenommen. 
Der globale Living Planet Index: 1970 bis 2016. Der globale Living Planet Index 2020 zeigt zwischen 1970 und 2016 einen durchschnittlichen Rückgang der erfassten Bestände von Säugetieren, Vögeln, Amphibien, Reptilien und Fischen um 68%. Die weiße Linie zeigt die Indexwerte. Die schattierten Bereiche geben das 95-Prozent-Konfidenzintervall an: 95% der Populationsgrößen liegen in diesem Bereich (Bereich: 73% bis 62%). Quelle: WWF/ZSL (2020)
Man weiß nicht, was schneller ist: die Klimaerhitzung oder das Artensterben.

Auch bei den Insekten gibt es erschreckende Verluste. Berühmt ist dazu die Krefelder Insektenstudie. Ökologisch könnten sie sogar noch wichtiger sein als die Wirbeltiere, denn sie stehen weit unten in der Nahrungspyramide und bilden die Nahrungsgrundlage für viele Tiere. Besonders wichtig ist außerdem ihre Funktion der Bestäubung von Pflanzen.
Während diese Studien die Biomasse betrachten, zählen andere die Arten und Populationen. Die Ergebnisse sind bekannt als „Rote Listen“ der Pflanzen und Tiere, die vom Aussterben bedroht sind, auf nationaler oder globaler Ebene.

Diverse Quellen:
https://www.nabu.de/news/2017/10/23291.html
https://www.vbio.de/themenspektrum/biodiversitaet/insektenschwund
https://www.wwf.de/themen-projekte/weitere-artenschutzthemen/rote-liste-gefaehrdeter-arten/
https://www.iucnredlist.org/
https://www.rote-liste-zentrum.de/

Zur Biodiversität gehören neben den Arten und Populationen noch weitere Aspekte. 
    • Ökologische Komplexität (Landwirtschaft vereinfacht radikal)
    • Pflanzengesellschaften und ökologische Nischen
    • Sorten bei Saatgut
    • natürliche Grenzen => Schutz vor Invasoren
    • Zeit für Entwicklung
    • Lebensräume, Biotope

Filmtipp: „Der stumme Sommer - Warum sterben die Insekten“ (12.1.2020)



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